Schlüsselfigur der Werftenpleite will SPD-Chef in Bremen werden
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Bremen (Deutschland), 01.03.2016 – Hat die Bremer SPD Nachwuchsprobleme? Oder wie ist es zu erklären, dass der fast 80jährige ehemalige Senatsdirektor Friedrich Hennemann für die Position des Landesvorsitzenden kandidieren will. Er war Bremer Senatsdirektor und von 1987 bis 1995 Chef des Bremer Vulkan. Das Unternehmen musste 1996 Insolvenz anmelden. Dies hatte mehrere staatsanwaltliche Ermittlungen zur Folge. Rund 9000 Menschen verloren ihren Arbeitsplatz.
Die Veruntreuung von 850 Mio. Mark EU-Fördermittel war Gegenstand von Strafrechtsprozessen gegen die Vorstände des Bremer Vulkan. Ein 1997 eingesetzter Untersuchungsausschuss stellte fest, dass außer dem Vorstand des Unternehmens auch Politiker, Treuhandanstalt, Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer mitverantwortlich waren. Im März 2010 stimmten zwei von vier ehemaligen Vulkan-Vorständen in einem Zivilverfahren vor dem Oberlandesgericht Bremen einem Vergleich zu. Hennemann wurde vom Vorwurf der Untreue aus Mangel an Beweisen nach 14 Jahren freigesprochen. Die Aufbewahrungsfrist für Kassenbücher und Geschäftsberichte belief sich damals nur auf 10 Jahre. Daneben galt eine Anfechtungsfrist von drei Monaten vor der Insolvenzantragstellung. Inzwischen hat sich durch höchstrichterliche Urteile und entsprechende Gesetzesänderungen die Rechtslage verändert. Die rückwirkende Frist für eine Insolvenzanfechtung wurde auf zehn Jahre verlängert, so dass der Insolvenzverwalter für diesen vergangenen Zeitraum die Zahlungen an Gläubiger anfechten kann.
Inwieweit Hennemann eine Schuld am Niedergang der norddeutschen Werften trifft, ist nach einem Bericht der Tageszeitung Weser-Kurier umstritten. Auch der ehemalige Arbeits- und Finanzsenator Claus Grobecker (SPD) sieht Hennemanns Rolle nicht unkritisch. Zudem wurde im Bremer Krankenhausskandal der 1980er Jahre Hennemanns zwielichtige Rolle in der Gesundheitsbehörde aufgedeckt, da er 1976 unter 23 Bewerbern einen SPD-Genossen in die Position eines Verwaltungsdirektors des Zentralkrankenhauses St.-Jürgen-Straße berufen hatte, obwohl dieser Mann nicht die entsprechende Erfahrung vorweisen konnte. Bremens Bürgermeister Henning Scherf bezeichnete später diesen Klinik-Chef einer „wirklich auffälligen, ungewöhnlichen Form von Unfähigkeit und Inkompetenz“.
Die Bremer SPD stellt seit dem 31. Juli 1945 ununterbrochen den Bürgermeister, der zugleich Regierungschef des kleinsten Bundeslandes ist. Bis 1991 hatte sie fast ununterbrochen die absolute Mehrheit. 2015 hatte sie ihr bisher schlechtestes Wahlergebnis mit 32,9 % der Stimmen und ist nunmehr mit nur noch 30 von 83 Abgeordneten im Parlament vertreten. Sei 2014 ist der 63jährige Dieter Reinken Landesvorsitzender. Für seine Kandidatur benötigt Hennemann die Unterschriften von fünf Prozent der SPD-Mitglieder in Bremen. Die SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) hatte seine Kandidatur bereits abgelehnt. Seine Konkurrenten sind wesentlich jünger, nämlich 37 und 45 Jahre alt. Insofern muss er noch einige Hürden überwinden.
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[Bearbeiten]Quellen
[Bearbeiten]- www.fr-online.de: „SPD: Ex-Manager will mit 80 Jahren Parteichef werden“ (29.02.2016)
- www.weser-kurier.de: „Partei sucht neue Landesspitze: Auch Friedrich Hennemann will SPD-Chef werden“ (27.02.2016)
- www.weser-kurier.de: „Bremer Vulkan - Sonderseite zum Vergleichsantrag vor 20 Jahren“ (20.02.2016)
- blog.handelsblatt.com: „BGH verschärft Anfechtungsrisiken im Zahlungsverkehr“ (25.06.2012)
- www.sueddeutsche.de: „Vulkan: Verfahren eingestellt - Beweise verloren, Ehre gewonnen“ (17.05.2010)
- www.weser-kurier.de: „Trifft Hennemann Galla in Oslebshausen?“ (26.06.1996)
- www.spiegel.de: „AFFÄREN: Die Schwarzgeldklinik“ (26.09.1988)