Präventive Telefonüberwachung verfassungswidrig
Karlsruhe / Hannover (Deutschland), 27.07.2005 – Das Bundesverfassungsgericht hat das niedersächsische Polizeigesetz zur vorbeugenden Telefonüberwachung für nichtig erklärt.
Es verstößt nach Auffassung der Richter gegen das Fernmeldegeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG). Die Richter kritisieren vor allem, dass die Umstände, unter denen eine präventive Überwachung erfolgen darf, zu ungenau formuliert sind. Deshalb ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt. Außerdem sei das Gesetz formal verfassungswidrig, da es in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fällt.
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Hintergrund
Der im Text erwähnte Artikel des Grundgesetzes lautet:
Grundgesetz, Artikel 10
„(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.“
Als verfassungswidrig wurde insbesondere der § 33a [Datenerhebung durch Überwachung der Telekommunikation] eingestuft:
„(1) Die Polizei kann personenbezogene Daten durch Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation erheben:
- [...]
- über Personen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen werden, wenn die Vorsorge für die Verfolgung oder die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise nicht möglich erscheint, sowie
- über Kontakt- und Begleitpersonen der in Nummer 2 genannten Personen, wenn dies zur Vorsorge für die Verfolgung oder zur Verhütung einer Straftat nach Nummer 2 unerlässlich ist.“
Das ganze niedersächsische Polizeigesetz im Wortlaut:
- Schule und Recht in Niedersachsen: „„Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds.SOG)““ (Nds.GVBl.2/2005 S.9) (vom 19.01.2005)