NPD-Kandidatin gestorben: Unsicherheit um die Bundestagswahl
Artikelstatus: Fertig 14:45, 9. Sep. 2005 (CEST) Bitte keine weiteren inhaltlichen Veränderungen vornehmen, sondern einen Folgeartikel schreiben. |
Berlin / Dresden (Deutschland), 09.09.2005 – Nach dem Tod der NPD-Bundestagskandidatin Kerstin Lorenz macht sich Unsicherheit über die Auswirkungen auf die bevorstehende Bundestagswahl breit. Möglicherweise darf das Ergebnis der Bundestagswahl durch den Bundeswahlleiter erst mehrere Wochen nach dem Wahltermin am 18. September 2005 bekanntgegeben werden, um eine Beeinflussung von Nachwählern in Dresden zu verhindern.
Die 43-jährige Politikerin war Direktkandidatin des Wahlkreises 160 („Dresden I“) mit rund 219.000 Wahlberechtigten. Bei einer Demonstration in Dresden gegen die Hartz IV Gesetze am Montag war sie während einer Rede zusammengebrochen und in ein Koma gefallen. Es wurde ein Hirnschlag diagnostiziert, an dessen Folgen sie am Mittwoch verstarb. Die NPD muss für den Wahlkreis nun einen neuen Direktkandidaten benennen.
Anschließend ist es notwendig, neue Stimmzettel herzustellen. Ein besonderes Problem stellen die Briefwähler dar, da diese benachrichtigt werden müssen. Bereits abgegebene Stimmen werden für ungültig erklärt. Die sächsische Landeswahlleiterin Irene Schneider-Böttcher erklärte in einer Pressekonferenz, dass diese Tätigkeiten bis zum Wahltag nicht zu schaffen seien. Aus diesem Grund müsse der betroffene Wahlkreis später wählen. Um welchen Zeitraum die Wahl sich verzögert, ist noch nicht festgelegt. Laut Gesetz muss die Nachwahl spätestens sechs Wochen nach dem ursprünglichen Wahltermin stattfinden. Laut Schneider-Böttcher soll die Nachwahl voraussichtlich Ende September, spätestens aber am ersten Oktoberwochenende stattfinden.
Durch die Nachwahl ergeben sich allerdings juristische Probleme. Wenn am Abend des 18. September 2005 Ergebnisse für alle Wahlkreise außer dem betroffenen bekanntgegeben würden, könnte sich daraus eine Beeinflussung der Wähler ergeben. Dies gilt besonders, da derzeit ähnlich knappe Ergebnisse wie bei der Bundestagswahl 2002 befürchtet werden. Damals hatten zwischen SPD und Union nur 6.027 Stimmen gelegen.
Bundeswahlleiter Hahlen erklärte, dass in jedem Fall nach der Wahl am 18. September 2005 ein vorläufiges Endergebnis bekanntgegeben würde. Es ist noch unklar, ob dieses ohne den Wahlkreis 160 errechnet wird oder aber für diesen das Ergebnis der letzten Bundestagswahl bis zum Vorliegen des Endergebnisses verwendet wird. Auf letztere Weise war 1965 bei einem ähnlichen Fall verfahren worden. Parteienrechtler kritisierten diese Entscheidung, da eine Beeinflussung des Wählers vorliegen würde. Sie erwarten Verfassungsklagen, sollte so vorgegangen werden.
Um eine Beeinflussung der Wähler zu vermeiden, müssten die Wahlergebnisse der anderen Wahlkreise mehrere Wochen geheim gehalten werden. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam bei der hessischen Landtagswahl 1995 das Hessische Wahlprüfungsgericht, das eine Veröffentlichung des zusammengefassten Teilwahlergebnisses durch den Landeswahlleiter bemängelte, aber nichts gegen die öffentliche Auszählung und Veröffentlichung der Wahlkreisergebnisse durch die Kreiswahlleiter einzuwenden hatte.
Quellen
- tirol.com: „Deutschland-Wahl: NPD-Kandidatin erlitt tödlichen Hirnschlag“ (07.09.2005)
- ap via nzz.ch: „Tod einer Kandidatin bringt Bundestagswahl durcheinander“ (08.09.2005)
- Reuters.com: „Wahlergebnis steht erst nach 18. September fest“ (08.09.2005) Quelle nicht mehr online verfügbar
- Reuters.com: „Politologe: Dresden könnte bei Wahl entscheidende Rolle zukommen“ (08.09.2005) Quelle nicht mehr online verfügbar
- Spiegel Online: „Dresdner Nachwahlen: Staatsrechtler warnen vor Verfassungsklage“ (08.09.2005) Quelle nicht mehr online verfügbar
- Wahlrecht.de: „Dresden darf am 18. September nicht mitwählen“ (08.09.2005)