Leitfaden für ethische Geldanlagen der Evangelischen Kirche in Deutschland verhängt Sanktionen gegen Staaten
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Hannover (Deutschland), 07.10.2011 – Der Leitfaden für ethisch nachhaltige Geldanlagen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wurde am Mittwoch als Reaktion auf die Finanzmarktkrise vorgestellt. Die Oldenburger Landeskirche hatte durch die Finanzkrise einen Verlust von 4,3 Millionen Euro erlitten, da sie über ihre Hausbank bei dem US-Geldinstitut Lehman Brothers investiert hatte; ansonsten hatte die Evangelische Kirche durch die Finanzkrise keine größeren Verluste erlitten. Verfasst wurde der Leitfaden von der Arbeitsgruppe Kirchliche Investments mit Finanzfachleuten der Diakonie, der Landeskirchen, der kirchlichen Banken und der kirchlichen Zusatzversorgungskassen.
Im Text des Leitfadens wird auf die Leuenberger Konkordie verwiesen, in der es lautet: „Sie [die Christen] treten ein für irdische Gerechtigkeit und Frieden zwischen den einzelnen Menschen und unter den Völkern. Dies macht es notwendig, dass sie mit anderen Menschen nach vernünftigen, sachgemäßen Kriterien suchen und sich an ihrer Anwendung beteiligen.“
Der Leitfaden reglementiert das Investionsverhalten der evangelischen Kirchen in Deutschland und informiert zu Positivkriterien und Ausschlusskriterien, Themen- und Direktinvestments, Unternehmensdialog und der Ausübung des Aktienstimmrechts. Bei Herstellern alkoholischer Getränke zieht die Kirche bei 14 Prozent Alkoholgehalt eine Grenze; in Messwein und Bier darf also weiter investiert werden, aber Investionen in Schnapshersteller sind unerwünscht. Ebenso wird von Investitionen in Tabakfirmen, Rüstungsfirmen, Hersteller von gentechnisch verändertem Saatgut, Firmen, die selbst oder in ihrer Zuliefererkette mit menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen oder Kinderarbeit gegen die Kernarbeitsnormen der internationalen Arbeitsorganisation verstoßen, Anbieter von Glücksspiel und Unternehmen, die Produkte herstellen, die die Menschenwürde durch verunglimpfende und erniedrigende Darstellungen von Personen verletzen, abgeraten; letzterer Punkt wird mit pornografischen Produkten, Gewaltvideos und gewaltverherrlichenden Computerspielen präzisiert. Bei Hedgefonds mahnt der Leitfaden der Kirche aber nur zur Vorsicht; die Beurteilung setze ein hohes Maß an Sachwissen voraus.
Auch bei Staatsanleihen verhängt der Leitfaden Sanktionen; so sind Anleihen von Staaten, die von Freedom House als „nicht-frei“ eingestuft sind (Bewertung 5,5 bis 7,0), unerwünscht, außerdem betroffen sind Staaten, die das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz nicht ratifiziert haben, als besonders korrupt gelten (Bewertung 1 bis 4 im internationalen Korruptionsindex von Transparency International) oder die Todesstrafe praktizieren.
Der Leiter der EKD-Finanzabteilung, Thomas Begrich, kommentierte den Leitfaden mit den Worten: „Es geht uns darum, deutlich zu machen, dass Geld kein Selbstzweck ist, sondern – wie alles, was wir tun – verantwortlich vor Gott und den Menschen eingesetzt werden muss“. Der Leitfaden richtet sich nicht nur an die kirchlichen Verwaltungen, sondern auch an Privatpersonen, die sich über ethische Geldanlagen informieren möchten; im Anhang wird auch auf die Principles for Responsible Investment verwiesen.
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Quellen
- Der Spiegel: „Kirche darf in Bier investieren - aber nicht in Schnaps“ (06.10.2011)
- Financial Times Deutschland: „Evangelische Kirchen dürfen in Brauereien investieren“ (05.10.2011)
- Mitteldeutsche Zeitung: „Evangelische Kirche darf in Bier investieren“ (05.10.11)
- Chrismon plus: „Kirche legt Leitfaden für ethische Geldanlagen vor“ (05.10.2011)
- Christliches Medienmagazin pro: „Kirche gibt Finanztips“ (05.10.2011)
- Evangelische Kirche in Deutschland: „Leitfaden für ethisch nachhaltige Geldanlage in der evangelischen Kirche“ (05.10.2011)