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Österreich: Inzestfall von Amstetten weitgehend aufgeklärt

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Veröffentlicht: 18:53, 29. Apr. 2008 (CEST)
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Amstetten (Österreich), 29.04.2008 – Schock und Entsetzen löste die Aufdeckung eines Inzestverbrechens in Österreich aus. Die österreichischen Medien schrieben am Montag, es sei das „schlimmste Verbrechen aller Zeiten“ in Österreich. Unterdessen sind die Ermittlungen der Behörden so weit gediehen, dass sich ein einigermaßen klares Bild des Verbrechens darstellen lässt. Der 73-jährige Josef F. legte inzwischen ein volles Geständnis ab. Danach kann als gesichert gelten, dass er seine damals 18-jährige Tochter seit 1984 in seinem eigenen Haus wie in einem Gefängnis festgehalten und jahrelang sexuell missbraucht hat. Mit ihr hat Josef F. insgesamt sieben Kinder gezeugt. Josef F. hat außerdem gestanden, die Leiche eines Babys verbrannt zu haben, das nach der Geburt wegen schlechter Versorgung gestorben sei. Der Täter soll heute dem Haftrichter vorgeführt werden.

Das jahrezehntelange Doppelleben des 73-jährigen war am letzten Samstag aufgeflogen, weil eines der Kinder, das in dem Kellerverlies lebte, eine 19-jährige Tochter, bewusstlos wurde und daraufhin ins Krankenhaus von Amstetten gebracht wurde, wo sie intensivmedizinisch betreut wird. Die Behörden machten sich daraufhin auf die Suche nach der Mutter, die seit dem 29. August 1984 als spurlos verschwunden galt. Ein Hinweis brachte schließlich den Erfolg der Fahndung. Die Polizei veröffentlichte inzwischen viele Details des so genannten Kellerverlieses, in dem die Tochter des Josef F. sowie ihre durch Vergewaltigung hervorgegangenen Kinder ein geheimes Leben führen mussten; die drei ältesten Kinder/Enkel (19, 18 und 15 Jahre) haben seit ihrer Geburt nie das Sonnenlicht gesehen und hatten auch keine Kontakte zu anderen Menschen. Die drei jüngeren Kinder, vom Vater durch eine Adoption legitimiert, führten äußerlich ein scheinbar normales Leben, sie besuchten die Schule und verbrachten ihre Freizeit mit anderen Kindern.

Die geheime Kellerwohnung, die dem Vater Josef F. als Gefängnis für seine Tochter und die mit ihr gezeugten Kinder diente, bestand aus zwei Schlafräumen, einer Kochecke, einer Dusche, einer Toilette und einem Fernseher. Da die Deckenhöhe nur 1,70 Meter beträgt, konnte ein Erwachsener dort kaum stehen. Der Zugang zu der Kellerwohnung war durch ein Regal in einem Arbeitszimmer verdeckt. Die Ehefrau des jetzt 73-jährigen Josef F. soll angeblich nichts von dem Versteck im Keller ihres Hauses gewusst haben. Auch Nachbarn und Behörden waren allem Anschein nach ahnungslos. Das ist jedenfalls der gegenwärtige Stand der Ermittlungen,.

Die Kinder befinden sich zurzeit in psychologischer Betreuung in einer Nervenklinik. Mit Ausnahme der ältesten Tochter, die im Krankenhaus liegt, geht es den Kindern körperlich gut. Da einige der Kinder nie das Tageslicht gesehen haben und sich sportlich nicht betätigen konnten, ist unklar, welche körperlichen Schäden möglicherweise zurückgeblieben sind. Vermutungen beziehen sich auf Vitamin-D-Mangel, Sehstörungen und andere Symptome der jahrelangen Einzelhaft. Genauere Aussagen werden jedoch erst durch weitere medizinische Untersuchungen möglich sein.

Den verantwortlichen Psychologen und Behörden stellt sich nun die Frage, wie den Kindern nach der ersten Phase intensiver psychologischer und medizinischer Betreuung ein normales Leben ermöglicht und sie in die Gesellschaft integriert werden können. Ein Schutzbedürfnis besteht dabei insbesondere gegenüber einer medialen Verfolgung der Kinder. Zurzeit werden Überlegungen angestellt, die Kinder mit einer neuen Identität auszustatten, so der Bezirksvorsteher von Amstetten, Hans-Heinz Lenze, in der ORF-Nachrichtensendung „Zeit im Bild“.

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Quellen