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Bericht über Bespitzelung von Journalisten durch Bundesnachrichtendienst veröffentlicht

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Artikelstatus: Fertig 19:44, 27. Mai 2006 (CEST)
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Der Bundesnachrichtendienst muss sich nach Veröffentlichung des Berichtes über BND-Aktivitäten unangenehme Fragen gefallen lassen

Berlin (Deutschland), 27.05.2006 – Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) hat am 26. Mai den Bericht des Sonderermittlers Gerhard Schäfer über fragwürdige BND-Aktivitäten in großen Teilen veröffentlicht. Das Dossier nimmt zu den in der Presse erhobenen Vorwürfen Stellung, „der Bundesnachrichtendienst habe über längere Zeiträume im Inland Journalisten rechtswidrig mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht, um so deren Informanten zu enttarnen, wie auch zu den Vorwürfen, der BND habe Journalisten als Quellen geführt.“

Der 179 Seiten starke Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass die vom BND angeordneten Maßnahmen „ganz überwiegend rechtswidrig“ waren und die Pressefreiheit sowie die Individualrechtssphäre von einzelnen Personen verletzt haben. Der BND habe Journalisten als Quelle geführt, um „Informationen, Informanten und redaktionelle Hintergründe auszuforschen“.

FDP-Innenpolitiker Max Stadler, stellvertretender Vorsitzender des PKG, spricht von einem „handfesten Skandal“: Die Bespitzelung von Journalisten sei illegal gewesen und ziehe die Frage nach der politischen Verantwortung nach sich. Der BND dürfe sich nicht zu einem Staat im Staate entwickeln, so Stadler. Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE., nannte den Bericht sogar den Beweis für den „größten Angriff auf die Pressefreiheit seit der Spiegel-Affäre 1962“.

Die Bundesregierung verweist auf die getroffenen Sofortmaßnahmen. So sei vom damaligen Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes August Hanning ein interner Sonderermittler eingesetzt worden. Darüber hinaus habe er angeordnet, dass Observationen zum Zweck der Eigensicherung immer von der Leitung des Dienstes genehmigt werden müssten. Zudem hat das Bundeskanzleramt durch einen Erlass vom 15. Mai 2006 verfügt, dass operative Maßnahmen des BND gegen Journalisten im Rahmen der Eigensicherung ab sofort verboten sind und dass der BND Journalisten nicht mehr als nachrichtendienstliche Quellen führen darf.

Ferner wird auf Anordnung der Bundesregierung gegen ehemalige und aktive BND-Mitarbeiter disziplinarisch ermittelt. Kanzleramtsminister Thomas de Maizière nahm unterdessen seinen Amtsvorgänger Frank-Walter Steinmeier und BND-Chef Ernst Uhrlau in Schutz. Personelle Konsequenzen in der Führungsebene der Geheimdienste wird es nach ihm folglich nicht geben.

Im Juni 2006 soll, ebenfalls als Konsequenz aus den Rechts-Übertretungen des BND, eine überarbeitete Fassung der Dienstvorschrift zur Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel nach Paragraph 3 BNDG vorgelegt werden.

Der Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele (Die Grünen), der auch Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium ist, sagte nach der Veröffentlichung des Dossiers: „Das PKG und der Bundestag haben nun darüber zu wachen, dass die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Konsequenzen auch tatsächlich umgesetzt werden.“ Die Notwendigkeit einer Befassung auch in einem Untersuchungsausschuss des Bundestages werde immer wahrscheinlicher, so Ströbele.

Unterdessen hat sich der BND-Chef Ernst Uhrlau öffentlich für die Bespitzelung von Journalisten durch BND-Agenten entschuldigt. Es würden schnell Konsequenzen aus der Affäre gezogen, um derartige Vorfälle in der Zukunft zu verhindern.

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Quellen