Parteienstreit um die Einführung des Betreuungsgelds

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Veröffentlicht: 10:20, 23. Apr. 2012 (CEST)
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Kinderbetreuung

Berlin (Deutschland), 23.04.2012 – In dem lang anhaltenden Parteienstreit um die Einführung des Betreuungsgelds als einer neuen Sozialleistung hat der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag Volker Kauder vorgeschlagen, einen Teil des Geldes nicht in bar auszuzahlen, sondern in Form von Beiträgen an die Rentenversicherung der späteren Rente der Mütter zuzuschlagen.

Schon die Große Koalition hatte sich 2007 darauf geeinigt, einen bundesweit einklagbaren Anspruch auf einen Krippenplatz ab dem Jahr 2013 einzuführen. Im Koalitionsvertrag hatten sich die Regierungsparteien dann im Jahr 2009 – entgegen dem erklärten Willen der FDP und Teilen der CDU/CSU – darauf geeinigt, das Angebot an Kinderkrippen für die Betreuung von Kleinkindern weiter auszubauen, um diese Frist bis 2013 einzuhalten. Die CSU stimmte dem Kompromiss seinerzeit unter der Bedingung zu, dass für die Eltern, die ihre Kinder nicht in eine Krippe geben wollten, eine individuelle Geldleistung eingeführt werde – das Betreuungsgeld. Damit sollen die Eltern die Möglichkeit erhalten, die Kinderbetreuung selbst zu organisieren. Ende März hatten 23 CDU-Abgeordnete in einem Schreiben an Kauder angekündigt, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Die Bundesregierung hätte damit keine eigene Mehrheit mehr, um das Gesetz im Bundestag beschließen zu können. Seitdem waren die Regierungsparteien auf der Suche nach einer weiteren Kompromisslösung.

Diskutiert werden nun mehrere Varianten zur Aufstockung der Kindererziehungszeiten. Damit könnte auch die Ungleichbehandlung der Erziehung von Kindern, die vor bzw. nach 1992 geboren worden waren, beseitigt werden. Seitdem werden für die Kindererziehung bei der Berechnung des monatlichen Rentenzahlbetrags dreimal so viele Entgeltpunkte in die Rentenformel eingestellt wie bei einem Kind, das vor dem 1. Januar 1992 geboren wurde, was sich im Ergebnis, bezogen auf eine Leistungsdauer von zwei Jahren, in einer Erhöhung der Rente um ungefähr zehn Euro je Kind niederschlagen würde. Offen ist bisher, um welchen Betrag das Betreuungsgeld zugunsten der späteren Rentenzahlung gesenkt werden soll. Die CSU lehnt dies strikt ab, weil sie sich, so die Süddeutsche Zeitung, dadurch Vorteile bei der bayerischen Landtagswahl im Jahr 2013 verspricht, wenn die neue Leistung eingeführt werden soll. Nicht näher bezeichnete „Landespolitiker“ hätten sich für eine Kürzung des Betreuungsgelds um die Hälfte zugunsten der Berücksichtigung bei der Rente ausgesprochen, schreibt die Zeitung. Aber auch die völlige Umwandlung in Rentenanwartschaften werde erwogen.

Gegen die Einführung des Betreuungsgelds ist vor allem angeführt worden, es setze falsche Anreize für bildungsferne Familien, ihre Kinder von den Bildungsangeboten fernzuhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in der vergangenen Woche erneut für die Einführung des Betreuungsgelds ausgesprochen, während die SPD mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gedroht hat, weil sie die Pläne für verfassungswidrig hält, aufgrund derer die Eltern, die ihre Kinder in eine Krippe geben, anders behandelt werden sollen als diejenigen Eltern, die das nicht tun. Diesen Bedenken hat sich die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bereits angeschlossen. Die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), sagte, das Betreuungsgeld sei „eine Fernhalteprämie“. Das Geld, das hierfür gezahlt werde, fehle für den Ausbau von Kinderkrippen und Kindergärten – eine Voraussetzung für weniger betuchte Familien, um das Kinderkriegen mit dem Beruf vereinbaren zu können.

Der Vorschlag auf Einführung eines Einkommens für die Kindererziehung ist schon alt. Er geht ursprünglich auf den Aktionskünstler Joseph Beuys zurück, der am Rande der Documenta 5 im Jahr 1972 ein Hausfrauengehalt gefordert hatte. Kritiker bezeichnen die Zahlung als „Herdprämie“ – der Begriff kam bei der Nominierung des Wortes des Jahres 2007 auf Platz 2, und es wurde im selben Jahr zum Unwort des Jahres ernannt.

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Quellen[Bearbeiten]