Kommunalwahlen in Ungarn: der Rechtsruck setzt sich fort

aus Wikinews, einem freien Wiki für Nachrichten
Veröffentlicht: 22:42, 4. Okt. 2010 (CEST)
Bitte keine inhaltlichen Veränderungen vornehmen.
Kann sich in seinem Ziel der „konservativen Revolution“ bestätigt sehen: Viktor Orbán

Budapest (Ungarn), 04.10.2010 – Bei den Kommunalwahlen am Sonntag, den 03.10.2010 konnte die konservative FIDESZ (Fidesz/ Magyar Polgári Szövetség, dt. ungarische Bürgerunion) von Premierminister Viktor Orbán erdrutschartig in sämtlichen Gespanschaften (Bezirken) die absolute Stimmenmehrheit erreichen. Sie stellt nunmehr alle Oberbürgermeister der großen Städte – bis auf Szeged, dafür aber nunmals erstmalig auch in der Hauptstadt Budapest. Die faschistische Jobbik (Jobbik Magyarországért Mozgalom, dt. Bewegung für ein besseres Ungarn) konnte große Zugewinne verbuchen, während die sozialdemokratische MSZP (Magyar Szocialista Párt) eine Enttäuschung hinnehmen mußte. Einen Achtungserfolg konnte die grüne LMP (Lehet Más a Politika, dt. Die Politik kann anders sein) erringen, deren Stimmanteil deutlich anwuchs und die nun erstmals sogar einen Bürgermeister stellen kann, wenn auch nur in einer Kleinstadt. In den nordöstlichen Gespanschaften konnte die Jobbik der MSZP den zweiten Platz entreißen. Die Wahlbeteiligung lag bei enttäuschenden 46,7 Prozent.

Erdrutschsieg für die Neofaschisten: Gábor Vona, Parteivorsitzender von Jobbik mit MdEP Krisztina Morvaimit

Auf nationaler Ebene hatte die FIDESZ bereits bei den Parlamentswahlen im April 2010 eine zu Verfassungsänderungen im Alleingang berechtigende Zweidrittelmehrheit errungen. Anhänger Orbáns sprechen seither von einer „konservativen Revolution“, die die gesamte Gesellschaft komplett umkremple. Zu dieser gehört unter anderem eine „Säuberung“ des Staatsapparats von Anhängern der ehemals regierenden MSZP; einer kontraktiven Fiskalpolitik insbesondere im Sozialsektor stehen populistische Maßnahmen wie etwa eine Steuerbefreiung für Schnapsbrennereien gegenüber. Die ebenfalls im April zu den Wahlgewinnern zählende Jobbik lehnt sich eng an die Pfeilkreuzler an, die in den 1930er und 1940er Jahren ein ungarisches Pendant der NSDAP darstellten und sich aktiv an der Deportation von Juden und Zigeunern in die deutschen Vernichtungslager beteiligten; so verfügt die Jobbik über eine paramilitärische Formation in der Tradition der SA, die Parteiaktivisten tragen gerne eine der Pfeilkreuzleruniform sehr ähnliche Kleidung und sprechen unter anderem von „Zigeunerparasiten“. Dementsprechend wäre eine Klassifikation der Jobbik als „rechtspopulistisch“, wie dies etwa für die FPÖ oder den Front National üblich ist, eine deutliche Untertreibung: es handelt sich eher um eine offen neofaschistische Partei, die mit der NPD vergleichbar ist. [1]

Das Ergebnis der Oberbürgermeisterwahl in Budapest

Partei FIDESZ MSZP LMP Jobbik

Stimmanteil

53,5 %
29,1 %
10 %
7,8 %

Quellen

Anmerkungen

  1. Zu den Erläuterungen vgl. die verlinkten Enzyklopädieartikel sowie den Quellenartikel des Pester Lloyd.