Acht Tote bei US-Angriff in Syrien

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Veröffentlicht: 20:52, 28. Okt. 2008 (CET)
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Damaskus (Syrien), 28.10.2008 – Nach syrischer Darstellung kam es am Sonntag, dem 26. Oktober gegen 16:45 Uhr Ortszeit (14:45 MEZ) unweit der acht Kilometer nördlich der Grenze zwischen dem Irak und Syrien liegenden Ortschaft Abu Kamal zu einem Zwischenfall, bei dem vier Kampfhubschrauber der US-Streitkräfte in den syrischen Luftraum eindrangen und eine Ortschaft angriffen. Bei dem Angriff wurden nach syrischen Angaben acht Zivilisten getötet. Unter den Getöteten waren nach den Angaben aus Damaskus vier Kinder.

Der genaue Ablauf des Vorfalls ist unklar. Bewohner des Ortes erklärten gegenüber der Associated Press, an dem Angriff seien zwei US-Kampfhubschrauber beteiligt gewesen. Außer den acht Getöteten seien fünf weitere Personen verletzt worden. Die „Syrian Arab News Agency“ (SANA) veröffentlichte eine Verlautbarung der syrischen Regierung, derzufolge der Angriff kurz vor Sonnenuntergang mit vier Hubschraubern geführt worden sein soll. Die Hubschrauber hätten zunächst ein Gebäude beschossen und auch Soldaten abgesetzt, die ein Gebäude gestürmt haben sollen. Nach Angaben von Akram Hameed, einem syrischen Augenzeugen, haben die Schießereien etwa 15 Minuten gedauert.

Syrien hat den Vorfall scharf verurteilt und bezeichnete ihn als „ernstliche Aggression“. Der Geschäftsträger des Irak und der Vereinigten Staaten wurden ins syrische Außenministerium einbestellt. Syrien macht den Irak mitverantwortlich für den Zwischenfall, da der Angriff von dessen Staatsgebiet aus geführt worden sei. Auch der Iran hat den US-Angriff als eine Verletzung der Souveränität Syriens verurteilt.

Unweit vom Ort des Angriffes befindet sich auf irakischer Seite die Stadt Qaim, der von Beobachtern als ein wichtiger Durchgangsort für Kämpfer und Waffen eingestuft wird. Aufständische Sunniten hatten die Stadt im April 2005 eingenommen. Sie wurde einen Monat später von US-Marinesoldaten nach heftigen Kämpfen zurückerobert.

Der syrische Innenminister Bassam Abdul-Madschid hatte im April erklärt, dass Syrien die Kontrollen im Grenzgebiet zum Irak verstärkt habe, um Waffenschmuggel zu verhindern. Die Vereinigten Staaten werfen Damaskus dennoch vor, zu wenig gegen Waffenschmuggel und die Infiltrierung des nördlichen Iraks von syrischem Staatsgebiet aus zu unternehmen. „Wir nehmen die Angelegenheit jetzt in unsere eigenen Hände“, sagte ein US-Militärsprecher in Washington. Nach Aussage des US-Generalmajors John Kelly seien die Grenzen zu Saudi-Arabien und Jordanien ziemlich dicht, die syrische Grenze sei aber eine „andere Geschichte“, die syrische Seite sei ziemlich unkontrolliert.

Der Leiter des syrischen Orientzentrums für internationale Studien, Samir al-Taqi, erklärte gegenüber dem Nachrichtensender al-Dschasira, dass sich rund 1,5 Millionen irakische Flüchtlinge in Syrien befänden und deswegen eine lückenlose Grenzkontrolle unmöglich sei. Auf syrische Bitten um technische Hilfe hätten die Vereinigten Staaten abwehrend reagiert.

Bemüht sich um Verbesserung der Beziehungen zum Westen: Baschar al-Assad

Die Vereinigten Staaten zählen Syrien nach wie vor zur Achse der Bösen. Die italienische Tageszeitung „La Repubblica“ bezeichnet den Angriff als „ein bedeutendes Signal an Damaskus“. Der Korrespondent der BBC bezeichnete den Vorfall als ungewöhnlich, zumal Frankreich und das Vereinigte Königreich versuchten, ihre Verbindungen mit Syrien zu verbessern und das Land aus der politischen Isolation zu führen und die Regierung Bush nur noch wenige Monate im Amt sei. Der syrische Präsident Baschar al-Assad hofft auf verbesserte Beziehungen mit den Vereinigten Staaten, falls Barack Obama am 4. November zum US-Präsident gewählt wird.

Inoffizielle Quellen in amerikanischen Militärkreisen gaben später an, man habe ein Versteck von al-Qaida angegriffen, das eine Zwischenstation für Untergrundkämpfer sein solle. Es gibt bislang keine offiziellen Verlautbarungen aus dem Pentagon oder dem Weißen Haus. Nach Regierungsangaben aus Bagdad sollen US-Truppen Aufständische und Terroristen angegriffen haben. Es handelte sich um den ersten solchen Angriff, den die US-Truppen auf syrischem Staatsgebiet ausgeführt haben. Aus israelischen Sicherheitskreisen wurde mitgeteilt, das Israel in den Zwischenfall nicht involviert gewesen sei.

Das Vordringen auf fremdes Staatsgebiet ist im Nahen Osten nicht ungewöhnlich. Die Türkei führt immer wieder Militäroperationen im Nordirak durch. Diese richten sich nach türkischen Angaben gegen Mitglieder der Arbeiterpartei Kurdistans. Trotzdem haben beide Staaten ziemlich ungetrübte Beziehungen miteinander. Die amerikanischen Streitkräfte wiederum haben wiederholt Ziele in den pakistanischen Stammesgebieten bekämpft, wobei auch reguläre pakistanische Soldaten und Zivilisten starben. Einer der bekanntesten Zwischenfälle dieser Art war der israelische Luftangriff auf den irakischen Atomreaktor Osirak im Jahr 1981. Im letzten Jahr hatten israelische Flugzeuge den Rohbau eines Atomreaktors im Osten Syriens zerstört, wie Israel angab. Trotzdem führen Israel und Syrien indirekte Friedensverhandlungen miteinander.

Quellen