Papst Benedikt XVI. tritt zurück

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Veröffentlicht: 20:07, 11. Feb. 2013 (CET)
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Papstwappen von Benedikt XVI.

Vatikanstadt, 11.02.2013 – Papst Benedikt XVI. will am 28. Februar um 20.00 Uhr sein Amt aus gesundheitlichen Gründen niederlegen. Das Kirchenrecht sieht den Rücktritt des Papstes im Kanon 332 vor. Dies bestätigte der Vatikan. Der Rücktritt eines Pontifex ist sehr selten; in den zwei Jahrtausenden der Existenz der römisch-katholischen Kirche waren nur zwei Päpste komplett freiwillig zurückgetreten. Papst Coelestin V. war 1294 nach einem Pontifikat von nur fünf Monaten zurückgetreten, und 1415 trat Papst Gregor XII. ab, um beim Konzil von Konstanz die Neuwahl eines Papstes und das Ende einer Spaltung der katholischen Kirche zu ermöglichen. In anderen Fällen waren Päpste unter Druck aus dem Amt geschieden, da sie in Verbannung geschickt worden waren. Zum Rücktritt sagte der italienische Kardinal Angelo Sodano: „Das ist ein Donnerschlag aus heiterem Himmel.“

Der 85-jährige Joseph Ratzinger sagte, er spüre, dass er nicht mehr genügend Kraft habe, um sein Amt auszuüben. Die bei einem Konsistorium in lateinischer Sprache abgegebene Erklärung wurde inzwischen von Radio Vatikan verbreitet. „Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewißheit gelangt, daß meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben. Ich bin mir sehr bewußt, daß dieser Dienst wegen seines geistlichen Wesens nicht nur durch Taten und Worte ausgeübt werden darf, sondern nicht weniger durch Leiden und durch Gebet. Aber die Welt, die sich so schnell verändert, wird heute durch Fragen, die für das Leben des Glaubens von großer Bedeutung sind, hin- und hergeworfen. Um trotzdem das Schifflein Petri zu steuern und das Evangelium zu verkünden, ist sowohl die Kraft des Körpers als auch die Kraft des Geistes notwendig, eine Kraft, die in den vergangenen Monaten in mir derart abgenommen hat, daß ich mein Unvermögen erkennen muß, den mir anvertrauten Dienst weiter gut auszuführen“, sagte der Papst.

Benedikt XVI. in Brasilien (2007)

Der ältere Bruder des Papstes, Georg Ratzinger, war nach eigenem Bekunden seit langem in die Rücktrittsabsicht seines Bruders eingeweiht. „Mein Bruder wünscht sich im Alter mehr Ruhe.“ Der Rücktritt sei ein „natürlicher Vorgang“. Das Gehen bereite seinem Bruder Schwierigkeiten, ärztlich seien ihm Transatlantikflüge verboten worden. „Das Alter drückt“, sagte Georg Ratzinger zur Nachrichtenagentur dpa.

„Wenn ein Papst zur klaren Erkenntnis kommt, dass er physisch, psychisch und geistig den Auftrag seines Amtes nicht mehr bewältigen kann, dann hat er ein Recht und unter Umständen auch die Pflicht zurückzutreten“, sagte der Papst in einem 2010 veröffentlichten Interview. Der Rücktritt kam für viele dennoch überraschend. Italiens Ministerpräsident Mario Monti erklärte, er sei „äußerst erschüttert von dieser unerwarteten Nachricht“.

Der Sprecher der deutschen Bundesregierung, Steffen Seibert, würdigte die Arbeit von Benedikt XVI. „Die Bundesregierung hat den allerhöchsten Respekt für den Heiligen Vater, für seine Leistung, für seine Lebensleistung für die katholische Kirche… Er hat seine ganz persönliche Handschrift als Denker an der Spitze dieser Kirche und auch als Hirte eingebracht“, sagte Seibert in Berlin. Später sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel vor der Presse, Benedikt XVI. „ist und bleibt einer der bedeutendsten religiösen Denker unserer Zeit“. Es müsse respektiert werden, wenn der Papst sich zu schwach fühle, um sein Amt weiter auszuüben. „In unserem Zeitalter immer längeren Lebens werden viele Menschen nachvollziehen können, wie sich auch der Papst mit den Bürden des Alterns auseinandersetzen muss“, sagte Merkel.

Papst Benedikt XVI., Aufnahme aus dem Jahr 2007

Als „verpasste Chance“ beurteilte der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion der Grünen, Volker Beck das Pontifikat Benedikt XVI. „Unter ihm ist die katholische Kirche teilweise wieder hinter Erneuerungen durch das zweite vatikanische Konzil zurückgefallen, beispielsweise durch die Aufhebung der Exkommunikation der antisemitisch-ausgerichteten Piusbruderschaft.“

Für den Theologen Hans Küng sei der Rücktritt „aus vielen Gründen verständlich“. Der 84-jährige Küng, der als Kritiker des Papstes gilt, hofft aber, „dass Ratzinger nicht Einfluss auf die Wahl seines Nachfolgers nimmt“. Es sei ohnehin schwierig, dass wegen der durch Benedikt XVI. betriebenen Berufung vieler konservativer Kardinäle in das Kardinalskollegium dieses eine Person findet, „die die Kirche aus ihrer vielschichtigen Krise herausführen könnte“.

„Ich denke, er verdient viel Anerkennung dafür, die interreligiösen Beziehungen zwischen Judentum, Christentum und Islam vorangetrieben zu haben“, sagte der aschkenasische Oberrabbiner Israels, Yona Metzger. „Während seines Pontifikats waren die Beziehungen zwischen der Kirche und dem Oberrabbinat die besten der Geschichte und wir hoffen, dass diese Entwicklung anhält.“

Nach Angaben des Vatikan-Sprechers Federico Lombardi soll bis spätestens Ende März und noch vor Ostern die Wahl des neuen Kirchenoberhauptes erfolgen. Das Konklave zur Wahl, an dem Benedikt XVI. nicht teilnehmen werde, könne 15 bis 20 Tage nach dem Rücktritt beginnen. An der Papstwahl nehmen Kardinäle teil, die das 80. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Zunächst soll der Papst nach seinem Rücktritt in die päpstliche Sommerresidenz Castel Gandolfo bei Rom reisen und später im bisherigen Karmelkloster im Vatikan wohnen.

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Quellen[Bearbeiten]