NASA-Satellitenmission zur Erforschung elektromagnetischer Sonnenstürme gestartet

aus Wikinews, einem freien Wiki für Nachrichten
Artikelstatus: Fertig 22:12, 19. Feb. 2007 (CET)
Bitte keine weiteren inhaltlichen Veränderungen vornehmen, sondern einen Folgeartikel schreiben.
Start der Delta II-Rakete am 17. Februar 2007

Cape Canaveral (Vereinigte Staaten), 19.02.2007 – Um 18:01 Uhr EST wurden am vergangenen Samstag von Startrampe 17-B des Kennedy Space Centers in Cape Canaveral von der „United Launch Alliance“ (ULA) im Auftrag der NASA fünf Satelliten gleichzeitig mit einer Delta-II-Rakete ins Weltall geschossen. Es handelt sich um die erste Satellitenmission, bei der fünf Satelliten auf einmal ins All befördert wurden. 73 Minuten nach dem Start wurden die fünf Satelliten planmäßig ausgesetzt und sendeten erste Signale aus, die von der Missionsleitung in Berkeley (University of California) aufgefangen wurden. Vassilis Angelopoulos, der Leiter des Projekts THEMIS, erwartet, dass die Satellitenmission einen „Durchbruch im Verständnis dafür bringen wird, wie das Magnetfeld der Erde Energie von der Sonne aufnimmt und abgibt.“

Der Start der Delta-Rakete war ursprünglich für Freitag vorgesehen, musste jedoch wegen schlechten Wetters um einen Tag verschoben werden. Nach ihrer erfolgreichen Aussetzung wird es noch bis etwa Mitte September dauern, bis die THEMIS-Satelliten ihre endgültigen, stark elliptischen Erdumlaufbahnen erreicht haben.

Die Magnetosphäre der Erde

Unablässig weht von der Sonne ein Partikelstrom elektrisch geladener Teilchen ins Weltall, den die Astronomen kurz „Sonnenwind“ nennen. Das Magnetfeld der Erde, das aus der Drehung des eisenhaltigen, flüssigen Erdkerns entsteht, schirmt die Erdoberfläche weitgehend vor dem Sonnenwind ab. Aber wie auf der Abbildung (rechts) zu erkennen ist, wird das Magnetfeld der Erde, seine „Magnetosphäre“ durch die Kraft des Sonnenwindes zur (sonnen-)windabgewandten Seite der Erde verformt, so dass diese sonnenabgewandte Seite des Erdmagnetfeldes wie ein „Windsack“ aussieht, wie man sie auf Brücken und Flugzeuglandebahnen findet, wie es in einer NASA-Information heißt.

So genannte „substorms“ (eine Art Sturm-Unterkategorie) überlasten die Magnetosphäre über das normale Maß hinaus. Die magnetischen Feldlinien, die in Richtung auf die Pole der Erde zulaufen, werden nun zu Einfallstoren, die große Mengen ionisierten Gases in die obere Atmosphäre der Polarregionen schleudern. Diese Wirkung des Sonnenwindes nehmen wir von der Erde aus als Nordlichter (aurora borealis) wahr.

Polarlicht

Die an dem Projekt arbeitenden Wissenschaftler gehen nun von der Annahme aus, dass das Studium der genannten „elektromagnetischen Teilstürme“ wesentlich zum Verständnis der Entstehung des Sonnenwindes und seiner Wechselwirkung mit der Erdmagnetosphäre beitragen wird.

Stärkere Sonnenstürme, die sich möglicherweise aus Serien aufeinander folgender elektromagnetischer Teilstürme zusammensetzen, können erhebliche Schäden verursachen. Der Ionenstrom kann so energiereich sein, dass auf der Erde elektronische Bauteile in Mobiltelefonen, Fernsehgeräten und viele anderen Geräten beschädigt werden können. Besonders gefährdet sind natürlich auch Raumfahrtmissionen, da Satelliten und bemannte Raumflugkörper nicht einmal durch das Erdmagnetfeld geschützt werden. Die Gas-Ionen von der Sonne können sogar lebende Zellen schädigen und so Hautkrebs und andere Zelldegenerationen auslösen. Dies alles ist wohl bekannt. Unklar ist aber immer noch, wie diese Stürme sich genau entwickeln, so dass Vorhersagen möglich sind. Dazu gibt es verschiedene Theorien.

So weit bisher bekannt, entstehen die so genannten elektromagnetischen Teilstürme in einem relativ kleinen Gebiet innerhalb der Erdmagnetosphäre auf der von der Sonne abgewandten Seite und breiten sich von dort in rasanter Geschwindigkeit über hunderttausende Kilometer aus. Wo genau dieser Entstehungsort ist, ließ sich bisher daher nicht feststellen. Einzelne Satelliten haben keine Chance diesen Ort ausfindig zu machen, da für eine genaue Ortsbestimmung mehrere Beobachtungsperspektiven nötig sind. Dieser Problematik versucht das THEMIS-Projekt durch die vergleichende Analyse von Satellitendaten von fünf verschiedenen Standorten gerecht zu werden.


Themis ist in der griechischen Mythologie die Gottheit der Gerechtigkeit und Ordnung. Das Akronym „THEMIS“ bedeutet: „Time History of Events and Macroscale Interactions during Substorms“. Themis besteht aus fünf Satelliten, die unabhängig voneinander und auf verschiedenen Erdorbits Daten über den Sonnenwind liefern sollen. Die relativen Zeitdifferenzen der von Satelliten aufgezeichneten Daten erlaubt – ähnlich dem durch zwei Augen entstehenden dreidimensionalen Bild – wesentlich genauere Ortsbestimmungen der zu beobachtenden Phänomene, als ein einzelner Satellit sie je liefern könnte. Das Projekt ist auf eine Zeitdauer von zwei Jahren angelegt. In diesem Zeitraum erwartet die NASA zirka 30 elektromagnetische Teilstürme, deren Daten von den Satelliten aufgezeichnet und an Bodenstationen auf der Erde übermittelt werden sollen. Gleichzeitig werden 20 Stationen in Kanada und den USA die über Nordamerika auftretenden Polarlichter mit Hilfe automatischer Kameras dokumentieren. Die Auswertung und der Abgleich dieser Daten soll entscheidende Aufschlüsse über den genauen Entstehungsort sowie die Ausbreitung der Teilstürme geben, die unter anderem die imposanten Naturscheinungen der Nordlichter erzeugen. Die Forschungsergebnisse werden unter anderem künftigen Raumfahrtmissionen zugute kommen, es aber auch erleichtern, den irdischen Auswirkungen des Sonnenwindes besser zu begegnen.

Auch in Deutschland und Österreich beobachtete man den Start der THEMIS-Mission mit Spannung. Das „Institut für Weltraumforschung“ (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit Sitz in Graz sowie das Institut für Geophysik und extraterrestrische Physik (IGEP) der TU Braunschweig waren wesentlich an der Herstellung der Magnetometer beteiligt, die bei dieser Mission zum Einsatz kommen, darunter einem so genannten FluxGate Magnetometer, mit dessen Hilfe magnetische Felder vermessen werden können. Weiterhin war auch das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching beteiligt.

Themenverwandte Artikel

Quellen