Moderate Töne von Schiitenprediger Muktada al-Sadr nach Rückkehr in den Irak

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Veröffentlicht: 16:26, 8. Jan. 2011 (CET)
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Die Imam-Ali-Moschee in Nadschaf

Nadschaf (Irak), 08.01.2011 – Der radikale Schiitenprediger Muktada al-Sadr schlug bei seiner ersten großen Ansprache nach seiner Rückkehr aus seinem selbst gewählten Exil im Iran moderate Töne gegenüber der neuen irakischen Regierung an. Gleichzeitig rief er die zu Zehntausenden erschienenen Anhänger zum Widerstand gegen die US-amerikanische Besatzung des Landes auf.

Muktada al-Sadr rief seine Anhänger dazu auf, der neu gewählten Regierung eine Chance zu geben. Wörtlich sagte er: „Die neue Regierung ist nun gebildet. Wenn sie dem Land, den Menschen und der Sicherheit nützt, werden wir sie unterstützen. Aber wenn sie dem Volk nicht dient, haben wir politische Optionen. Wir sollten der Regierung Zeit geben, damit sie beweisen kann, dass sie den Menschen dient.“

Als erste öffentliche Geste besuchte der Schiitenprediger eines der höchsten Heiligtümer des schiitischen Islam, die Imam-Ali-Moschee in Nadschaf. Tausende seiner Anhänger versammelten sich dort, und es kam zu lauten Gesängen sowie zu einer Massenpanik, weil viele einen Blick auf ihr Idol werfen wollten. As-Sadr kritisierte in einer Stellungnahme das Verhalten seiner Anhänger. Er rief sie dazu auf, sich diszipliniert zu verhalten und keine übertriebenen Slogans zu skandieren.

Die Miliz as-Sadrs wurde in den Jahren 2006 und 2007 für die blutige Verfolgung von Sunniten verantwortlich gemacht. Mehrfach fanden militärische Auseinandersetzungen mit der US-Armee statt. Im August 2008 verkündete al-Sadr, der die 60.000 Mann starke Mahdi-Miliz befehligte, ein Ende der Gewalt. Seit Ende 2005 hatte al-Sadr in der als heilig geltenden Stadt Qom im Iran gelebt, wo er theologische Studien betrieben haben soll. Im Irak war 2006 ein Haftbefehl wegen Mordes gegen ihn ausgestellt worden. Der Haftbefehl wurde inzwischen aufgehoben. Große Teile seiner Mehdi-Milizen in Basra und Bagdad waren 2008 von der irakischen Armee zerschlagen worden.

Politische Beobachter werten den Auftritt al-Sadrs als den Versuch, seine Bewegung, die vorher mit Gewalt gegen die US-Armee gekämpft hatte, in eine politische Kraft zu verwandeln. Parteigänger al-Sadrs sind in der neuen Regierung mit sieben Ministern vertreten. Im Parlament stellt seine Bewegung 18 Abgeordnete.

Eine erste Bewährungsprobe dürfte auf die neue Regierungskoalition dann zukommen, wenn der geplante Abzug der US-Streitkräfte Ende 2011 verschoben oder in Frage gestellt werden sollte.

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Quellen