Die meisten Gefangenen weltweit leben in US-Gefängnissen

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Artikelstatus: Fertig 21:25, 9. Dez. 2006 (CET)
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Washington D.C. (Vereinigte Staaten), 09.12.2006 – Weltweit befinden sich über neun Millionen Menschen in Gefängnissen, 2.085.620 davon in US-Gefängnissen (Stand:31.12.2003). Das ist Weltrekord. Nun sind absolute Zahlen im Allgemeinen nicht sehr aussagekräftig. Setzt man die Zahl der Gefängnisinsassen in den USA in Relation zur Gesamtbevölkerung von 292,2 Millionen Menschen (Stand:31.12.2003) erhält man eine Gefängnisinsassenrate von 714 je 100.000 Einwohner – ebenfalls Weltrekord. Kein anderes Land kommt auch nur in die Nähe dieser Zahl. Russland bringt es immerhin auf 532 Gefängnisinsassen auf 100.000 Einwohner, gleichauf liegt Belarus mit ebenfalls 532. In China sind 1,5 Millionen Menschen hinter Gittern, in Russland sind es 870.000.

Ryan King, ein politischer Experte, der sich in einer Arbeitsgruppe zur Strafrechtsreform in den USA engagiert hat, kennzeichnet die Situation in den USA mit den Worten: „Wir schicken mehr Menschen ins Gefängnis, für eine größere Zahl unterschiedlicher Delikte, für längere Zeiträume als irgendjemand sonst.“

Die Zahlen stammen vom International Centre for Prison Studies am King’s College London und beziehen sich auf einen Stand von Ende 2004 (letzte Aktualisierung: Februar 2005). Es handelt sich um den sechsten Bericht der Organisation.

Zum Vergleich einige europäische Staaten: Im Vereinigten Königreich befanden sich laut der genannten Quelle 83.337 Menschen im Gefängnis (Stand vom 25.02.2005), die Insassenrate bezogen auf 100.000 Menschen lag bei 142 (England und Wales) beziehungsweise 72 (Nordirland) und 132 in Schottland. In Deutschland sind es 79.329 Gefängnisinsassen gewesen, was einer Rate von 96 entspricht (Stand vom 31.08.2004). Die niedrigste relative Rate in Europa hat Island mit 39 Gefängnisinsassen auf 100.000 Menschen (absolut: 115 Personen, Stand vom 01.09.2004). Relative Zahlen, bezogen auf 100.000, für die Schweiz: 81, Österreich: 106, Liechtenstein: 53, Luxemburg: 144 Gefängnisinsassen auf 100.000 Einwohner.

Die Sonderstellung der USA hängt nach Meinung von Experten von mehreren Faktoren ab. Zum Einen sei das Strafrecht härter und zum Anderen mehr auf Bestrafung ausgelegt als in anderen Ländern. Dies wird am Beispiel von Drogendelikten besonders deutlich. Der Personenkreis, der wegen Verstoßes gegen die nationalen Drogengesetze mit dem Gesetz in Konflikt geriet, landet schneller im Gefängnis als beispielsweise in Europa, wo die Behörden mehr auf Maßnahmen wie Entzugsprogramme und Therapien setzen. Ethan Nadelmann von einem Verband für Drogenpolitik (Drug Policy Alliance), der nach Alternativen im Kampf gegen die Drogen sucht, sieht besonders im Bereich der Drogendelikte einen Hauptgrund für die große Zahl von Gefängnisinsassen: „Wir stecken gegenwärtig mehr Menschen für Verstöße gegen die Drogengesetze ins Gefängnis als alle Länder Westeuropas, die eine viel größere Bevölkerung haben, zusammen genommen für alle Straftaten inhaftieren.“

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Quellen