China: Handelbeziehungen? Ja! Menschenrechte? Nein!

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Veröffentlicht: 21.06.2014, 13:05 (CEST)
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Premierminister Li Keqiang

London (Vereinigtes Königreich), 20.06.2014 – Nachdem die Urteile gegen drei Aktivisten der chinesischen Bürgerrechtsbewegung New Citizens′ Movement gefällt wurden, werden weitere Details sowie Umstände des Falls bekannt. So wurde das zunächst unbekannte Urteil gegen Li Sihua nun mit 3,5 Jahren angegeben. Auch weitere Einzelheiten zum Verfahren wurden bekannt; demnach fiel das Urteil nicht nur mehr als ein Jahr, nachdem die drei bereits in Haft genommen worden waren, auch das Verfahren selbst war unter äußerst fragwürdigen Bedingungen abgehalten worden. So wurden offensichtlich Entlastungszeugen an ihrer Aussage durch Verhaftung gehindert, die Anwälte der Angeklagten in ihrer Arbeit durch das Gericht behindert, und ausländische Diplomaten waren als Prozessbeobachter von dem Verfahren ferngehalten worden. Vorwürfe von Folter durch übermäßig brutale Verhöre und lange Zeit in Fesseln wurden im Fall von Liu Ping erhoben.

Doch britischen Beobachtern vor allem fällt der Zeitpunkt der Urteilsverkündung am 19. Juni auf, der mit der Abreise des chinesischen Premierministers Li Keqiang von seinem Besuch in Großbritannien zusammenfiel. Li war für knapp drei Tage auf Staatsbesuch im Vereinigten Königreich. Im Gepäck hatte er dem Vernehmen nach Handelsabkommen im Wert von 14 Milliarden britischen Pfund, und da war auch schon aus den Reihen der britischen Regierung zu hören, das man angesichts solcher Summen lieber nicht die Frage der Menschenrechte in China zu groß herausstellen solle, um ja nichts zu gefährden. So bekam BP jetzt einen Liefervertrag für Flüssiggas für 20 Jahre, und die Londoner Finanzwelt begrüßte, dass die erste Clearing Bank für die chinesische Währung in Europa in der Stadt angesiedelt wird, was der britischen Wirtschaft auch allgemein Handelsvorteile mit China verschafft. Am Tag vor der Urteilsverkündung gar war Li noch von Königin Elisabeth II. empfangen worden. All diese Geschäfte und Fotogelegenheiten wollte man nicht durch fragwürdige Gerichtsurteile und damit verbundene Nachfragen belasten, heißt es jetzt dazu bei der BBC.

Aber dies ist die britische Sicht der Dinge. Die chinesische Global Times, die der kommunistischen Partei Chinas gehört, legt die Akzente etwas anders. Die Global Times schreibt in einem Leitartikel über den Besuch und das Verhalten der Briten und vor allem der britischen Medien gegenüber China. Der Zeitung entgeht nicht, dass bei jedem britisch-chinesischen Treffen die Menschenrechte in China eine große Rolle spielen. Dies wird von der Zeitung aber damit erklärt, dass Großbritannien nun keine andere Möglichkeit mehr habe, seine Überlegenheit gegenüber China auszudrücken. Großbritannien wird als ‚altes verfallendes Empire‘ bezeichnet, während China eine aufstrebende Macht sei. Es sei vor allem in Großbritanniens Interesse, dass die Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern gut seien, darum gingen die Chinesen auch sehr entspannt in solche Gespräche, schreibt die Global Times. Die Briten werden von der Global Times als ‚schlechte Verlierer‘ porträtiert, die in ihrer Verzweiflung jedes Maß verlieren und die Fehler der Gegenseite maßlos übertreiben.

Ob die Chinesen sich ihrer Sache letztendlich aber wirklich so sicher waren, das lukrative Handelsbeziehungen mehr Reiz haben als das Verlangen, die Einhaltung der Menschenrechte zu diskutieren, darf, wie gesagt, angesichts des Ablaufs der Ereignisse bezweifelt werden. Zumindest haben sich aber Politiker auf beiden Seiten gemäß dieser Regel verhalten.


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