500 Jahre Schweizergarde

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Schweizergarde in traditioneller Uniform

Vatikanstadt, 22.01.2006 – Am 22. Januar feiert die Schweizergarde ihr 500-jähriges Jubiläum.

Die Garde

Am 22. Januar 1506 gründete Papst Julius II. zu seinem persönlichen Schutz die aus 150 Schweizern bestehende Schweizer Garde. Die Grundlage selbst wurde aber schon zu Zeiten des Kardinals Giuliano della Rovere (bürgerlicher Name von Papst Julius II.) gelegt, als dieser einen erfolglosen Feldzug an der Seite König Karls VIII. gegen das Königreich Neapel bestritt. Auf der Flucht hielten den Beiden Schweizer Gardisten den Rücken frei. Später erhielt er zusätzlich die Pfründe des Bistums Lausanne, was noch eine innigere Bindung zur Schweiz aufbaute. Als Giuliano della Rovere zu Papst Julius II. gewählt wurde baute er mit Hilfe von Peter von Hertenstein, aus Wallis, die Schweizer Garde als Leibgarde des Papstes auf. Dies und verschiedene Bauvorhaben in Rom erbrachten dem Papst nicht die Gunst des römischen Adels, der bis dahin die Leibwache für den Papst stellte.

Während des Sacco di Roma, der Plünderung Roms im Jahre 1526, starben von den 189 Schweizern 147, als man Papst Clemens VII. vor den einfallenden Truppen in die Sicherheit der Engelsburg brachte. Unter den Gefallenen war auch der Garde-Hauptmann Kaspar von Silenen. Nach dem Fall Roms wurde die Schweizergarde aufgelöst. Papst Clemens blieben nur zwölf treue Gardisten zum eigenen Schutz. Erst 1548 wurde sie wieder neu aufgestellt. Heute gedenkt man dem Sacco di Roma jährlich am 6. Mai mit der Vereidigung der neuen Rekruten der Schweizergarde. Die Garde sagt auf ihrer Homepage selbst dazu: „1527 bedeutete dieses Datum Tod, heute bedeutet es Leben [...].“

Eine weitere Auflösung erfuhr die Garde nach dem Einfall Napoleons in die Schweiz. Drei Jahre später wurde sie unter der Führung von Karl Pfyffer von Altishofen wiedergegründet. Eine weitere Besetzung Roms durch Napoleons Truppen 1808 war Grund zur erneuten Auflösung der Garde, welche erst 1814 nach der Abdankung Napoleons wiederhergestellt wurde.

1905 entwarf der damalige Kommandant Jule Répond die heutige blau-rot-gelbe Renaissance-Uniform. Dabei orientierte er sich an den Fresken Raffaels. Die Legende, wonach die Uniform von Michelangelo entworfen wurde, stimmt nicht.

Unter Papst Johannes Paul II. wurde 1979 die Sollstärke der vatikanischen Armee auf 100 Mann festgesetzt.

Anfang Mai 1998 war eine der schwärzesten Stunden der Schweizergarde, als der erst kürzlich ernannte Kommandant Alois Estermann und seine Frau ermordet wurden. Als mutmaßlicher Täter nannte der Vatikan den Gardisten Cedric Tornay, welcher sich angeblich am Tatort selbst gerichtet hatte. Als Mordmotiv werden dienstliche Differenzen Tornays mit dem Vorgesetzten genannt. Durch das schnelle Abschließen der Ermittlungen seitens des Vatikans sind verschiedene Legenden und Gerüchte um den Mord entstanden, so auch das Buch „Der Engelspapst“.

1999 gründete sich die „Fondation pour la Garde Suisse Pontificale au Vatican“, die Stiftung der Schweizergarde. Ihre vier Ziele sind [1]:

  • bei der Rekrutierung von Gardisten und bei deren Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess nach Abschluss ihrer Dienstleistung mithelfen;
  • die Aus- und Weiterbildung der Gardisten während ihres Aufenthaltes in Rom fördern;
  • die Verbesserung der Infrastruktur und der Lebensbedingungen der Gardisten im Vatikan vorantreiben;
  • und schließlich eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit für die Schweizergarde als Bewachungskorps des Papstes unterstützen.

Die Schweizergarde bildet heute jährlich bis zu 30 Rekruten aus. Die Rekruten müssen dabei männliche unverheiratete katholische Schweizer sein, die auch in der Schweizer Armee gedient haben. Sie dürfen nicht unter 174 Zentimeter groß und nicht älter als 30 Jahre alt sein, außerdem müssen sie eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen können. Die Garde selbst hat derzeit 110 Mitglieder. Über einen Bewerbermangel hat sie nicht zu klagen, da gerade in den letzten Jahren mehr Bewerbungen als Plätze vorhanden waren. Dies führt der Gardekommandant auf die gestiegene Popularität durch den Papstwechsel im vergangenen Jahr zurück.

Die Schweiz sieht die Schweizergarde offiziell als eine Hausgarde mit Polizeicharakter an, wobei der Vatikan in ihr eine militärische Formation sieht. Schweizer Gardisten halten sich offiziell nur privat in Rom auf und der Dienst in der Schweizergarde ist kein Ersatz für die Wehrpflicht in der Schweiz selbst. Dennoch schätzt die Schweiz die Garde als gutes Aushängeschild für die Schweiz selbst im Ausland. Daher nehmen auch schweizerische Würdenträger an den jährlichen Vereidigungsfeiern am 6. Mai teil.

Die Schweizergarde hat auch eine kleine Kooperation mit den deutschsprachigen schweizerischen Ministrantenpastoral. So besuchen diese die Garde zur Ministrantenwallfahrt. Dies geschah schon im Jahre 2001 und wird zur internationalen Ministrantenwallfahrt in diesem Jahr wieder geschehen.

Das Jubiläum

Zum Jubiläum wurde am 10. Februar 2003 in Luzern der Förderverein „500 Jahre Päpstliche Schweizergarde“ gegründet. Er soll verschiedene Projekte zur Jubiläumsfeier, wie einem Marsch im Frühjahr 2006 von Bellinzona nach Rom in historischen Gewändern, finanziell und ideel unterstützen. Der Gedenkmarsch soll dabei an den Zug der ersten 150 schweizer Söldner über den Frankenweg vor 500 Jahren erinnern.

Für das Jubiläum wurde vom Weinhersteller Provins aus Sion ein eigener Jubiläumswein erstellt. Bereits im Dezember 2004 hat der Hersteller einen Fendant und einen Dôle „Garde Suisse Pontificale“ herausgebracht und stockte auf Grund der hohen Nachfrage sein Sortiment im September 2005 neu mit einem Johannisberg und einem Pinot Noir „Garde Suisse Pontificale“ auf. Des Weiteren wurden am 22. November 2005 zwei Sonderbriefmarken von der schweizerischen Post im Wert von 0,85 und 1,00 Schweizer Franken beziehungsweise 0,62 Euro und 0,80 Euro herausgegeben. Auf der Marke mit dem kleineren Wert ist eine Wachablösung abgebildet, auf der mit dem größeren die Truppe beim Antreten.

Des Weiteren wurde anlässlich das Jubiläums ein 24-seitiges lateinisches Buch über Geschichte der Garde unter dem namen „Pontificia Cohors Helvetica“ veröffentlicht.

Die Eidgenössische Münzstätte swissmint gab am Freitag den 20.01.2006 anlässlich des Jubiläums eine Sondermünze. Auf der Münze sind die Jahreszahlen 1506 und 2006 und auf der Rückseite die Inschrift „Confoederatio Helvetica“ abgedruckt. Die Münze selbst hat einen Nennwert von 50 Franken. Sie wurde von dem ehemaligen Gardisten und Künstler Rudolf Mirer entworfen.

Feierlichkeiten in Luzern

Christoph Blocher

Am 24. und 25. September 2005 begangen ehemalige Gardisten, Freunde der Garde und hochrangige Gäste einen Jubiläumsfestakt in Luzern. Unter den Gästen befand sich auch KKdt Christophe Keckeis, Chef der Schweizerischen Armee, Oberst Elmar Mäder und Garde-Kaplan Msgr. Alois Jehle, Abt Martin Werlen (OSB, Kloster Einsiedeln), Vorsitzender des Fördervereins „500 Jahre Päpstliche Schweizergarde“, und Bundesrat Christoph Blocher.

Pius Segmüller, Präsident des Organisationskomitees, eröffnete die Veranstaltung. Nach einer kurzen Begrüßung aller Anwesenden verlas er das Schreiben, was Papst Julius II. am 21. Juni 1505 an die Eidgenossenschaft, welche heute die Schweiz bildet, schickte und worauf sich die 150 ersten Gardisten in Luzern und Zürich sammelten um nach Rom zu marschieren.

Ulrich Zwingli

Abt Martin Werlen sprach von dem Image der Gardisten, als „Schweizern in fremden Diensten.“. Die Gardisten vollziehen ihren Dienst aber an der Kirche und „in der Kirche gibt es keine Ausländer“. In einer weiteren Ansprache sprach Christoph Blocher von der Geschichte der Garde. Er betonte dabei vor allem die Treue der Garde gerade am 6. Mai 1527 zum Sacco di Roma, als 147 Schweizer zum Schutze des Heiligen Vaters ihr Leben liesen. Darunter war auch Oberst Kaspar Röist, der aus Zürich stammte. Da Zürich zur selben Zeit durch Ulrich Zwingli reformiert wurde. Zwingli hatte Roist kurz vor der Plünderung dazu aufgefordert den unwürdigen Papstdienst zu quittieren. Somit war Röist zur Plünderung ein reformatorischer Soldat, hielt aber durch den Eid, den er dem Papst geschworen hatte, weiter zu seiner Heiligkeit. Darin sieht Blocher eine direkte Verbindung zur Schweizer Tradition der Eidgenossenschaft.

Bundesrat Joseph Deiss sagte zum Festgottesdienst, ein Staat würde nicht nur durch seine Wirtschaft und Sicherheit bestehen, sondern auch durch Werte. Das selbe sähe er in der Schweizergarde, denn nicht nur die Waffe macht den Soldaten, sondern auch seine Zuverlässigkeit, Genauigkeit, Pünktlichkeit, Toleranz, Nächstenliebe und Offenheit. Und deshalb sei die habe die Schweizergarde nun schon 500 Jahre existieren können.

Papst Benedikt XVI. betonte in einem Schreiben an die Gardisten und kirchlichen Würdenträger der Schweiz, wie stolz er auf die Garde und ihre Treue zum Heiligen Stuhl sei.

Feierlichkeiten in Rom

Am Sonntag den 22.01.2006 wurden die Jubiläumsfeiern in Rom mit einem Gottesdienst von Papst Benedikt XVI. in der Sixtinischen Kapelle eröffnet. Die Messe selbst feierte Kardinalstaatssekretär Angelo Sodano für die aktiven Gardisten und ihre Familienangehörigen. Abgeschlossen wurde die Feier durch eine Ehrenformation von 70 Gardisten zum Angelusgebet des Papstest auf dem Petersplatz. Danach verlieh der Heilige Vater im Ehrenhof der Garde noch Gedenkmedaillen des Papstes.

Gleichzeitig feierte der Schweizer Kardinal und langjährige Päpstliche Haustheologe Georges-Marie Cottierin in Freiburg im Üechtland eine Jubiläumsmesse mit bis zu 500 ehemaligen Gardisten. Der Segen des Papstes zum Angelusgebet in Rom wurde live via Satellit nach Freiburg in die Universität übertragen.

Die richtige Jubiläumsfeier wird erst in der Woche der Vereidigung vom 3. Mai bis zum 6. Mai 2006 stattfinden. Dies bildet auch den . Abschluss des Jubiläumsjahres Die Vereidigung selbst, wird nicht traditionsgemäß auf dem Damasushof stattfinden, sondern wegen der Masse der erwarteten Gäste auf dem Petersplatz vor dem Petersdom. In der Woche findet außerdem ein Treffen von Gardisten in der Engelsburg und das Ende des Gedenkmarsches nach Rom stattfinden.

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Quellen

Originäre Berichterstattung
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